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Fiatagri 160-90 & 180-90 Geschichte

Fiatagri 160-90 & 180-90

Bella Italia – Die Großtraktoren der Serie 90 

Goldene Zeiten waren es 1985, als Fiatagri mit einem Marktanteil von 16%, die Zulassungsstatistiken in Europa anführte. Bereits das siebte Jahr in Folge konnten die Italiener Ihre Marktführerschaft vor IHC (6% Anteil) erfolgreich verteidigen.  Maßgeblich beteiligt an diesem Erfolg waren die Traktoren der Serie 80, welche 1975 erstmals vorgestellt wurden. Optisch ähnlich, aber mit neuer Farbe und modernisierter Technik trat die Serie 90, 1984, unter neuer Marke ihre Nachfolge an.

Mitte der achtziger Jahre stand ein Umbruch beim italienischen Fiat Konzern an. Die Landtechniksparte wuchs durch Übernahmen von Laverda, Braud und Hesston schnell zu einem so genannten Full Liner heran. Neben Traktoren lieferte das Unternehmen weltweit Feldhäcksler, Mähdrescher, Traubenvollernter, Pressen und Futtertechnik in großer Auflage. Die neue Marketing-Strategie, welche 1984 in vollem Umfang in Kraft trat, führte alle landtechnischen Aktivitäten unter der Eigenmarke Fiatagri zusammen. In diesem Zug wurde sowohl ein einheitliches Logo, als auch ein einheitlicher Farbton auf allen Maschinen verwendet. In einer Leistungsklasse zwischen 55 und 180 PS bediente die "Serie 90" von Fiatagri nahezu jede Klientel. Ob Kleintraktoren, wie der Fiat 60-90. Mittelklasseschlepper wie der Fiatagri 110-90, oder eben Großtraktoren, auf die ich in folgendem Artikel näher eingehen werde. 180-90 bzw. 160-90 hießen die Flaggschiffe von Fiatagri, welche besonders für Großbetriebe und Lohnunternehmer konzipiert wurden. Die Serie 90 löste, unter neuem Namen und neuer Farbe, die technisch in die Jahre gekommene Serie 80 ab. Das Design der Karosserie hatte sich hingegen kaum verändert.

Fiatagri Motoren-Stark und zuverlässig

Als größter Motorenhersteller Europas hat Fiat sich bereits in den frühen 70ern einen starken Ruf in puncto Zuverlässigkeit und vor allem Kraft erarbeitet. Die Triebwerke, welche auch nahezu gleich in den Vorgängern Fiat 1580 und Fiat 1880 verwendet wurden, sollten diesen Stellenwert festigen und weiter ausbauen – das ist auch gelungen! Mit einem Hubraum von 8,1l hat der 6-Zylinder Turbomotor genügend Reserven für die kraft-aufwendigsten Aufgaben. Durch die Größe und die Vielseitigkeit des Fiat Konzerns werden die Motoren in anderen Fahrzeugen wie z.B. Schiffen und LKW mit viel höherer Leistung eingesetzt. Hieraus resultiert, dass die Traktoren niemals an ihrer oberen Belastungsgrenze gefahren werden müssen. Bei 1500 Motorumdrehungen erreichen die Boliden ihr maximales Drehmoment von 580Nm im 160-90 sowie 653Nm im 180-90. Abgastechnisch geht Fiatagri nach wie vor keine Umwege, so wird der verbrannte Kraftstoff über ein mächtiges Auspuffrohr mit Auspuffklappe nach oben abgeleitet. Parallel hinter dem Abgasrohr befindet sich ein Vorabscheider, welcher den Turbolader vom Motor 8365.25 mit sauberer Frischluft versorgt. Für staubigere Regionen gab es auf Wunsch einen "hohen" Vorabscheider, welcher per Schlauch mit dem Auspuff verbunden ist um grobe Staubpartikel direkt über die Abgase mit in die Umwelt zu blasen.

Getriebe und Abtrieb der Fiatagri Großtraktoren

Hielt sich die Ausstattungsliste in Sachen Getriebe bei den Vorgängermodellen noch zurück, gab es in der Neuauflage der Schlepper vielseitigere Möglichkeiten der Kraftübertragung. Standardmäßig angeboten war das voll synchronisierte 12/4 bzw. 24/8 Schaltgetriebe. Im letzteren Fall mit Kriechganguntersetzung und einer Geschwindigkeit ab 0,2 Km/h. Im Gegensatz zur Vorserie, wurde auch ein 16/16 Wendegetriebe angeboten, welches ab 1987 auch mit 4 Powershift-Stufen geordert werden konnte. Die Charakteristik des Langhubmotors in Verbindung mit dem PowerShift Getriebe war sehr gut und erlaubte auch bei schweren Zugarbeiten ein kuppelloses Schalten ohne Zugkraftunterbrechung. Geschaltet wurden die Gänge nach wie vor mit zwei Hebeln, links und rechts vom Lenkrad, auf dem Armaturenbrett. Mit dem linken Hebel wurden die Gruppen und mit dem rechten die Gänge und Lastschaltstufen geschaltet. Für die Kraftübertragung der vollen Leistung auf die groß dimensionierten Vorderräder, sorgte eine zentrale Antriebswelle mit Direktschaltung. Bei den ersten Modellen der „großen“ Fiatagri wurde der Allradantrieb noch, wie aus der Serie 80 bekannt, mechanisch mit einem Hebel links des Fahrersitz eingeschaltet. Bei späteren Ausführungen wurde der Vierradantrieb dann elektrohydraulisch per Kippschalter unter Last zu- und abgeschaltet. Von Anfang an verfügbar war eine hydraulisch lastschaltbare Differentialsperre. Per Fußraste bedient, sperrt Sie alle vier Räder zu 100% bis zum Betätigen der im Ölbad laufenden Bremse. Eine einschalt-gedämpfte Zapfwelle mit 1000 u/min war in beiden Modellen vorhanden, im 160-90 gab es zusätzlich noch die Reduzierung auf 540 u/min. 

Fiatagri 160-90 & 180-90 – Hubkraft & Hydraulik

Die Hubkraft der Schlepper wurde im Vergleich zur Vorserie ebenso wie die Leistung der Hydraulikpumpe verbessert. Laut Fiat stemmte das Hubwerk Arbeitsgeräte bis 6,7t problemlos, was für diese Leistungsklasse immer noch knapp bemessen war. Neu war jedoch die von Fiat patentierte Lift-O-Matic, mit der das Hubwerk per Rastschalter in die zuvor eingestellte Position gesenkt wurde. Bei späteren Modellen, etwa ab 1987, war auch eine EHR des  Herstellers Magneti Marelli verfügbar. Diese galt jedoch als störanfällig und sorgte durch elektrische Probleme öfter mal für Totalausfälle der Hydraulikanlage. Sowohl bei der MHR, als auch bei der EHR ließen sich Einstellungen zur Zug- und Lageregelung vornehmen. Eine Mischregelung sowie eine Schwimmstellung gab es ebenfalls. Auf Wunsch konnten die Fiat mit einem Fronthubwerk plus Frontzapfwelle ausgestattet werden. Für die Bedienung externer Hydraulikabnehmer standen 3 Steuergeräte zur Verfügung. Zwei davon waren umschaltbar auf doppeltwirkend, ein weiteres doppeltwirkendes Steuergerät war mit einer Schwimmstellung ausgestattet.  

Fiatagri Superkomfort Kabine

Als leisen, modernen Arbeitsplatz (80db) hat Fiatagri seine beiden Topmodelle in den Prospekten beworben. Rückblickend betrachtet waren die Schlepper, wie zur damaligen Zeit üblich, mit dem Nötigsten ausgestattet. Kaum Elektronik, ein paar mechanische Hebel links und rechts vom Fahrersitz und einer Gangschaltung am Lenkrad. Viel mehr brauchte es jedoch zu dieser Zeit nicht und wo wenig ist, da geht bekanntlich auch wenig kaputt, so die Devise.  Ein „Check-Control“ System zur Überwachung relevanter Flüssigkeiten wie: Ölstände von Motor & Getriebe, Kühlwasservorrat, Bremsflüssigkeit sowie der Kontrolle von Batteriespannung, Öldruck und Luftfilter, funktionierte anfangs tadellos. Standen ein paar Stunden auf dem Zähler, konnte dieses System jedoch auch zum sogenannten Mausekino werden. Optional hatten Käufer die Möglichkeit ein „trac-Monitor“ zu ordern. Hier erweitert ein Hektarzähler, ein Schlupfmesser, ein Arbeitszeiterfasser sowie eine Anzeige zur aktuellen Flächenleistung das Informationssystem. Eine Klimaanlage war in späteren Modellen ebenfalls verfügbar. Bis dahin musste man sich mit dem Aufstellen der Heckscheibe, Frontscheibe, Dachluke, Seitenfenstern und beider Türen zufriedengeben.

Fazit:

Zusammenfassend lassen sich die beiden großen von Fiatagri als starke, zuverlässige Maschinen ohne viel „schnickschnack“ bezeichnen. Ein herausragender Motor in Verbindung mit einem robusten Getriebe ließen auch schwerste Zug- und Antriebsarbeiten ohne Probleme zu. Fest steht jedoch das der Fiat 160-90 sowie der Fiat 180-90, ähnlich wie Großtraktoren anderer Hersteller in den späten 1980ern,  auf den Acker gehören. Nach der Einführung, 1984, lösten sie ihre Vorgänger aus dem Ende der 70er Jahre ab und wurden nur in Details verändert. Mit der Vorstellung des ersten Gemeinschaftsprojekts von Fiat und Ford, der Genesis Reihe, endete der Vertrieb der "großen Fiatagri" in Europa. In anderen Teilen der Erde lief die Produktion noch bis in die 2000er Jahre weiter. Immer seltener, aber dennoch anzutreffen sind sie auf vielen Betrieben mit weit über 10.000 Stunden im Einsatz und nach wie vor eine mächtige Erscheinung.

 

Technische Daten zum Fiatagri 160-90 & 180-90 finden Sie hier:

Am Ende des Artikels habe ich noch eine Buchempfehlung für euch.

In diesem Exemplar ist die komplette Geschichte von Fiat Traktoren bis heute mit tollen Bilder beschrieben. Das Buch könnt ihr hier bestellen.

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Kommentare: 7
  • #1

    Marco (Montag, 27 August 2018 20:36)

    Gefällt mir. Fiat gab es in meinem Umkreis nie, mir ist aber dennoch der 180-90 wohlbekannt, weil ich den als Kind von Siku hatte.
    Überrascht hat mich, dass die IHC nur 6% Marktanteil in Europa hatte und Fiat 16.
    Freue mich auf weitere Blogs.

  • #2

    Olli (Mittwoch, 27 Februar 2019 22:18)

    Habe noch einen 160-90 DT mit powershift.super Beitrag weiter so kann ich nur alles bestätigen

  • #3

    Julian (Sonntag, 15 September 2019 09:00)

    Und wieder mal ein super Bericht :)

  • #4

    Benedikt (Dienstag, 24 September 2019 10:28)

    Toller Bericht ! Danke Dir

  • #5

    Andreas (Dienstag, 09 November 2021 19:14)

    Fiatagri sind noch echte Trecker, die funktionieren einfach. Robust, stark, zuverlässig und ein echt klasse Design. Eckig und Kantig ��. Ich fahre selbst auch Fiatagri. Die Motoren haben eine echt super Sound.
    Ich finde den Bericht echt gut, die Guten alten Zeiten müssen einfach weiter leben und erhalten bleiben. Echt schade, das die hier nicht mehr Hergestellt werden. In der Türkei werden die noch Produziert, fast identisch.

  • #6

    Sebastian (Freitag, 26 November 2021 13:47)

    Weiß jemand wie viele 180-90 gebaut wurden?

  • #7

    Noel (Montag, 20 Dezember 2021 08:51)

    Ich selbst bin auch schon Fiat gefahren ich finde es schade das sie nichtmetrischer hergestellt werden.